Oberschule Grimma fördert seit 15 Jahren musikalische Talente

Erste Musikförderklasse wurde 2006/07 gebildet / Mittlerweile Fortführung in höheren Klassenstufen


Grimma. Als sich die Musikförderschüler der Oberschule Grimma am Montag mit einem Vorspiel vom Schuljahr verabschiedeten, schwebte über allem ein kleines Jubiläum. Denn die erste Musikförderklasse der Bildungsstätte wurde vor 15 Jahren gebildet. Schulleiter Steffen Kretschmar spricht von einer Erfolgsgeschichte, wenn er die eineinhalb Jahrzehnte Revue passieren lässt. Und ist damit bei weitem nicht allein.
Ideengeberin war die damalige Musiklehrerin Evelin Planert, der auch die Fachberatung Musik oblag. Den Ausschlag habe eine Fortbildung in Fulda zu Band-Musikklassen gegeben, erinnert sie sich. „So was gab’s hier nicht.“ Die Idee verfing sofort und rückte mit den Geldern, die der Freistaat Sachsen für Ganztagsangebote (GTA) locker machte, in den Bereich der Realität. Doch woher sollte die Schule Instrumentallehrer, Instrumente und geeignete Räume nehmen?

Zusammenarbeit mit der Orchesterschule in Grimma

An dem Punkt kam Grimmas Stadtmusikdirektor Reiner Rahmlow ins Spiel, der die Zügel von Jugendblasorchester (JBO) und Orchesterschule in den Händen hält. Mit der Kooperation entwickelte sich eine Win-Win-Situation für beide Seiten. Rahmlow – immer an Nachwuchs und Talente für seinen Klangkörper interessiert – drängte auf die Ausbildung von Schülerinnen und Schülern in Tenorhorn, Trompete und Klavier. Und die Schule konnte ihre Vorstellungen ebenfalls durchsetzen, so dass die vier klassischen Band-Instrumente E-Gitarre, E-Bass, Keybord und Schlagzeug/Percussion das Angebot komplettierten. Diese sieben Instrumente werden bis heute unterrichtet.
Zum Schuljahr 2006/07 startet die erste Musikförderklasse mit den damals neuen Fünftklässlern. Seitdem bietet die Oberschule Grimma mit Beginn des 5. Schuljahres neben dem allgemeinen Musikunterricht die Möglichkeit einer Instrumentalausbildung an der JBO-Orchesterschule und hat dank der guten Nachfrage Jahr für Jahr eine Musikförderklasse bilden können. Die Kinder sind zunächst zwei Jahre lang, also bis zum Ende der 6. Klasse, in professioneller Hand und haben pro Woche 90 Minuten Notenlehre und Instrumentalunterricht – zusätzlich zum normalen Stundenplan.

Alleinstellungsmerkmal für die Oberschule Grimma

Neben ihren Sportförderklassen habe sich die Oberschule damit ein Alleinstellungsmerkmal geschaffen, verdeutlicht Schulleiter Kretschmar. Interessant sei das Angebot vor allem für Kinder, deren Eltern sich einen Musikschulbesuch ihres Schützlings nicht leisten können. „Die wollen wir fördern.“ Längst ist das Angebot am Wallgraben zum Selbstläufer geworden. Kretschmar zufolge entscheiden sich sogar Jahr für Jahr einige Eltern trotz gymnasialer Empfehlung für die Oberschule, nur um ihr Kind in die Musikförderklasse geben zu können.

Am Wallgraben in Grimma gibt es auch eine Schülerband

Dank der GTA-Mittel ist das Angebot für die Eltern weitgehend kostenlos. Es fallen lediglich fünf Euro pro Monat für das Mietinstrument an, das Orchesterschule oder Oberschule (anfangs der Förderverein) zur Verfügung stellen. Und das GTA-Geld reicht inzwischen sogar dafür, einen Wunsch von Eltern und Kindern zu erfüllen. Wer möchte, kann in der 7. Klasse sein Können am Instrument verfeinern. Von den 19 Musikförderschülern der scheidenden 6d wollen immerhin 14 bei der Stange bleiben, ebenso vier künftige Achtklässler. „Es ist toll, dass die Kinder weitermachen wollen“, freut sich Musiklehrerin Claudia Rückert, die mit ihrer Kollegin Constanze Nitzsche die Ausbildung am Keybord abdeckt. Den Rest übernehmen die Instrumentallehrer der Orchesterschule. Aus ehemaligen Musikförderschülern speist sich auch stets die Schülerband am Wallgraben, die wiederum vom freischaffenden Leipziger Musiker Stephan Mühl betreut wird.

Programme, Talentshow und Erfolg im Leistungsvergleich

„Die ganze Schule profitiert von den Musikförderklassen“, bekräftigt Evelin Planert. Die Schülerinnen und Schüler bereichern ihren Worten zufolge den obligatorischen Musikunterricht, gestalten Programme, umrahmen den Schuljahresabschluss und sind ein Pfund der jährlichen Talentshow. Und beim Leistungsvergleich der Oberschulen im Regierungsbezirk Leipzig mussten sich die Wallgraben-Musikschüler noch nie verstecken.
Die Corona-Zeit brachte aber auch für die kleinen Bläser, Gitarristen und Pianisten neue Herausforderungen mit sich. Über Monate war Präsenzunterricht nicht möglich. Anfang des Jahres standen sie dann wenigstens online ihrem Lehrer gegenüber. Dass sie trotz der Einschränkungen viel lernen konnten, zeigten sie am Montag beim kleinen Konzert im Soziokulturellen Zentrum. Wegen der Corona-Einschränkungen blieben die musikalischen Fünft- und Sechstklässler allerdings unter sich. So gab es zwar keinen Applaus der Eltern und Großeltern, dafür aber viel lobende Worte von Stadtmusikdirektor Rahmlow und Musiklehrerin Rückert.
Frank Prenzel

 

Schule setzt aufs richtige Pferd
Kommentar von Frank Prenzel


Die vorteilhafte Wirkung von Musik ist unbestritten. Gerade für Kinder und Jugendliche. Wer ein Instrument erlernt, in einer Band spielt oder im Chor singt gewinnt fürs Leben. Mehr noch. Einer Ausarbeitung für den Bundestag zufolge liegen Ergebnisse vor, „die positive Auswirkungen musikalischer Aktivitäten bei Schülern im emotionalen und sozialen Bereich aufzeigen, auch in Verbindung mit Motivations- und Leistungssteigerungen“.
Die Oberschule Grimma setzt also aufs richtige Pferd, wenn sie mit den Musikförderklassen einen Teil ihrer Schülerinnen und Schüler an ein Instrument heran führt. Den Stolz in ihnen weckt, Trompete blasen, Keybord oder E-Gitarre spielen zu können. Den Mut in ihnen anstachelt, selbstbewusst vor Menschen aufzutreten.
Wie für die Kinder der Sportförderklassen passiert das alles außerhalb des Stundenplans – als zusätzliches Ganztagsangebot (GTA). Der Wert liegt vor allem darin, dass auch Kinder weniger gut betuchter Eltern zum Instrument greifen können. Dank der GTA-Mittel des Freistaates kann die Schule Unterricht wie Equipment finanzieren, so dass die Eltern nur für das Mietinstrument ein paar Euro hinlegen müssen. Das Modell funktioniert nun seit 15 Jahren, und der Zuspruch ist unvermindert groß. Man kann von einer kleinen Erfolgsgeschichte sprechen – zumal Orchesterschule und Jugendorchester ebenfalls profitieren.
Auch die Oberschule Grimma führt ins Feld, dass das Erlernen eines Instrumentes „auf natürliche Weise Ausdauer, Konzentrationsfähigkeit und Leistungsbereitschaft“ fördert. Dabei können talentierte Schüler mittlerweile bei der Stange bleiben und sich musikalisch weiter entwickeln. Es ist also wichtig, dass der Freistaat seinen GTA-Kurs unbeirrt fortsetzt – auch im Sinne der Grimmaer Musikförderschüler.

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Leipziger Volkszeitung vom 22.06.2021

Bild:

Beide Musikförderklassen der Oberschule Grimma gaben am Montag ein Vorspiel im Soziokulturellen Zentrum – zum Abschluss des Schuljahres. Hier geben vier Bläserinnen aus der 5. Klasse eine Probe ihres Könnens. Foto: Thomas Kube