Trompeten-Reparatur statt Konzerte
Jugendblasorchester Grimma und die Corona-Krise: Rahmlow beantragt staatlichen Zuschuss
Grimma. Das beliebte Osterkonzert fiel dem Virus zum Opfer, das Muttertagskonzert findet nicht statt – bis in den Juni hinein hat das Jugendblasorchester Grimma alle Auftritte abgesagt. Das ist nicht nur ein musikalischer, sondern auch ein finanzieller Verlust. „Wir haben keine Konzerteinnahmen. 6000 bis 8000 Euro werden wohl fehlen“, rechnet Stadtmusikdirektor und Orchesterchef Reiner Rahmlow vor.
Er geht aber nicht davon aus, dass der Klangkörper in existenzielle Not geraten könnte. Die beiden großen Geldgeber sind der Kulturraum Leipziger Raum und die Stadt Grimma, die Rahmlows Worten zufolge den Geldfluss weiter garantieren. Doch ein Drittel seiner Kosten muss der wie ein kleines Unternehmen agierende Verein selbst aufbringen. Rahmlow wird deshalb den staatlichen Corona-Zuschuss beantragen, um die laufenden Ausgaben bezahlen zu können.
Denn die Fixkosten im Soziokulturellen Zentrum, der Heimstatt des Orchesters, laufen ebenso weiter wie die Lohnkosten. Neben Rahmlow ist Simone Joppig beim JBO angestellt, die halbtags die Büroarbeit erledigt. Darüber hinaus sind momentan zwei Bundesfreiwillige und eine vom Jobcenter geförderte Person im Boot.
Schlechter sei die Situation für die freischaffenden Berufsmusiker, weiß Rahmlow zu erzählen. „Die sitzen zu Hause und verdienen kein Geld.“ Ihnen fehlen in diesen schweren Zeiten auch jene Einnahmen, die sie aus dem Unterricht erzielen. Das JBO arbeitet mit fünf Übungsleitern zusammen, die unter anderem in der Grimmaer Orchesterschule Übungsstunden geben und dafür eine Aufwandsentschädigung erhalten. Doch der Betrieb ruht seit Wochen. Unterricht via Internet habe man zwar in Erwägung gezogen, die Idee aber rasch wieder verworfen, berichtet der 60-jährige Stadtmusikdirektor. Die technischen Voraussetzungen seien nicht gegeben und die bürokratischen Hürden hoch.
Den Musikschülern und Orchester-Mitgliedern bleibt nichts weiter übrig als das individuelle Training in den eigenen vier Wänden. Die Pause beim Zusammenspiel wirkt sich laut Rahmlow nicht so schell auf die musikalische Qualität aus. „Ich hoffe, dass es im Mai, spätestens im Juni wieder losgehen kann“, sagt er. Dann wäre nicht viel zu merken. „Sehen wir uns aber erst im neuen Schuljahr wieder, wird’s schwierig.“
Auch die wirtschaftlichen Verluste blieben überschaubar, wenn ab Mai wieder alles anlaufen könnte, erklärt der 60-Jährige. Die Frage ist nun, ab wann Proben und Konzerte dieser Größe wieder möglich sind.
Trotz der Corona-Krise kann Rahmlow über mangelnde Arbeit nicht klagen. Tätigkeiten, die sonst aus Zeitmangel liegen bleiben, kommen in diesen Tagen zum Tragen. Beispielsweise widmet sich Rahmlow der Reparatur und Wartung der Blasinstrumente. Die Bundesfreiwilligen nahmen sich mit Wasser und Putzlappen alle Fenster des Soziokulturellen Zentrums vor. Auch sonst geht der Blick nach vorn. „Wir arbeiten am nächsten Haushaltsplan und stellen die neuen Anträge“, sagt Rahmlow. „Es gibt immer was zu tun.“
Etwa 110 Mitglieder zählt der eingetragene Verein, der auch anerkannter Träger der freien Jugendhilfe und der Gemeinnützigkeit verschrieben ist. 80 von ihnen nehmen in der Orchesterschule Unterricht. Zur Seite steht dem JBO zudem ein Förderverein, dem derzeit aber auch die Einnahmen fehlen. Die Mitglieder versüßen die Konzerte mit Kaffee und Kuchen. Das Geld, das sie dafür einnehmen, kommt dem Jugendblasorchester zugute.
Frank Prenzel
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Leipziger Volkszeitung vom 20.04.2020
Bild:
Grimmas Jugendblasorchester-Chef und Stadtmusikdirektor Reiner Rahmlow knöpft sich in der Corona-Krise die Instrumente vor
Foto: Thomas Kube